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Als Freiberuflerin durch die Krise (1)

Normalerweise veröffentliche ich auf meinen Blog Artikel zu Digitalem Marketing und Social Selling. Zur Information und als Hilfestellung.

Ab und an gibt es jedoch auch Einblicke in meinen Berufsalltag, dann berichte ich darüber, wie ich bestimmte Themen angehen oder umsetze. So zum Beispiel meine Reise durch den Dschungel der DSGVO oder wie ich mit Cookies auf meiner Webseite umgehe.

Dies waren Themen, die sich auch auf Digitales Marketing beziehen. Und ich konnte damit vielen helfen, die nicht wussten, wie Sie diese Themen angehen sollen.

Nun gibt es eine wirklich ernsthafte Herausforderung für alle: COVID-19 (Coronavirus).

Ganz ehrlich? Ich kann – Stand heute – nicht sagen, ob mein kleines Unternehmen diese Krise übersteht. Fakt ist aber, ich werde alles dafür tun!

Ich arbeite bereits seit Tagen an einem Krisenplan und werde ab heute dazu berichten. Vielleicht kann ich dem ein oder anderem Freiberufler oder kleinem Unternehmen damit Inspiration und Kraft geben.

Dies ist ein persönlicher Erfahrungsbericht. Das heißt, meine Maßnahmen sind nicht unbedingt die richtigen für alle anderen. Oder das es am Ende alles gut ausgeht.

Als Freiberuflerin durch die Krise – Woche 1 (09. – 15.03.2020)

Es beginnt.

  • Ich fange an, mir Gedanken zu machen, ob die Veranstaltungen meiner Kunden stattfinden können.
  • Und prompt erreicht mich die erste Absage. Alle Aktivitäten rund um die Veranstaltung sind zu stoppen.
  • Jetzt mache ich mir Sorgen um mein Business. Denke aber, erst einmal abwarten, was noch passiert.

Ich habe zwei Vorteile:

  1. Ich bin mitten in einer Restrukturierung und arbeite seit Ende 2019 daran, mein Business anzupassen. Das kann mir jetzt helfen, da ein Fokus Digitales Marketing und Online Trainings sein sollten.
  2. Ich arbeite schon seit Jahren im HomeOffice und kommuniziere viel online.

Vorteil 1 ist gut. Aber es stellt mich jetzt vor Herausforderungen. Ich bin mitten im Rebranding. Dafür wolle ich mir Zeit lassen. Nun muss alles schnell gehen. Für die Webseite entscheide ich mich für eine Übergangslösung. Die Inhalte müssen da sein. Das Design kann auch später „hübsch“ gemacht werden.

Und ja: Ich investiere hier nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Auch wenn das bedeutet, dass die Rücklagen weniger werden. Ich zahle für die Übersetzung meiner Webseiten Texte ins Englische. Ich zahle für Grafikdesign für einen Flyer und für das neue Logo.

Mich erreicht die Meldung, dass Schulen und Kindergärten geschlossen werden.

  • Jetzt heißt es, schnell Termine umplanen und Zeit freihalten, um in der Betreuung meines Neffen einzuspringen.
  • Innerhalb von 2 Stunden entscheide ich, zwei Tage in der Woche zu schließen. Auch wenn das im Zweifel bedeutet, Projektarbeit am Wochenende zu erledigen.
  • Außerdem will ich Kunden, die ihre Kinder zuhause betreuen, ermöglichen, Termine mit mir auch am frühen Morgen oder späten Abend umzusetzen.
  • Dazu muss eine Mitteilung auf die Webseite und über Social Media kommuniziert werden.

Ich fange an, mir wirklich Sorgen um meine Aufträge zu machen.

  • Ich arbeite am Samstag und Sonntag mit Hochdruck an meinen neuen Angeboten, d.h. meine Trainings auch als offene Online Trainings anzubieten.
  • Ich erstelle eine kurze Übersicht zu meinen Services. Daraus auf die Schnelle einen Flyer zu machen, dabei unterstützt eine Kollegin (die ich bezahle!).
  • Ich nehme meine Umsatzplanung (ja, die habe ich seit Jahren um einen Überblick über meine Einkünfte zu haben) und passe sie an:
    • Welche Aufträge könnten wegfallen?
    • Wie sieht meine Liquidität aus, wenn diese wegfallen?
    • Wie lange kann ich mein Business halten, wenn ich alle Rücklagen nutze?

Eines können Sie mir glauben: An meine Rücklagen zu gehen, gefällt mir gar nicht. Denn die sind erstens für die Zeiten, in denen ich wegen Krankheit nicht arbeiten kann, und zweitens zum Teil für die Realisierung eines Traums: den Kauf eines Hauses in 2020.

Dieses erste Wochenende ist eine mentale Herausforderung!

Die Liquiditätsplanung haut mich um. Nach 3 Monaten rote Zahlen. Ich bekomme echte Existenzangst.

Miete, Krankenversicherung und Altersvorsorge allein sind bei mir schon über 2000 € im Monat. Wie soll das gehen?

Ich recherchiere zu möglicher staatlicher Unterstützung. Kann ich als Freiberufler überhaupt solche bekommen oder ist es „nur wieder für die Großen“?

Kredite: Schön und gut. Aber wie soll ich als Freiberufler je einen Kredit zurückzahlen, wenn das Business die nächsten Monate gleich null geht?

Finanzamt/Krankenversicherung: Das klingt nach einer guten Option. Es hilft nicht ausreichend, aber kann die Liquidität ein kleines bisschen besser machen.

  • Ich werde in den nächsten Tagen mit dem Finanzamt sprechen, damit meine Einkommenssteuer-Vorauszahlungen reduziert werden.
  • Außerdem will ich mit der Krankenkasse sprechen, damit mein Beitrag angepasst wird. Denn der beläuft sich aktuell auf den Höchstsatz.

Planung und schnelle Entscheidungen

Es hilft nichts. Entscheidungen müssen her. Zuerst denke ich noch, das ist vielleicht alles übertrieben. Aber mit der Zeit wird mir klar, lieber jetzt eine Entscheidung treffen, die vielleicht nicht nötig gewesen wäre, als eine wichtige Entscheidung nicht zu treffen.

Entscheidung 1: Geschäftszeiten anpassen

  • 2 Tage in der Woche bin ich für die Kinderbetreuung da. Das Geschäft ruht.
  • Dafür arbeite ich am Wochenende, wenn nötig. Meine Kunden können auch abends bis 21 Uhr mit mir sprechen.

Entscheidung 2: Durch die Krise zu kommen (menschlich wie geschäftlich) hat die erste Priorität!

  • Ich achte verstärkt auf meine eigene Gesundheit. Gehe nur für Besorgungen aus dem Haus. (Und zu meinem Neffen.)
  • Der Traum vom Haus? Kann warten bis 2021. Rücklagen sind genau für so eine Situation.
  • Der telefonische bzw. online Kontakt zu Familie und Freunden wird intensiviert. Jetzt heißt es, sich gegenseitig mentale Rückendeckung zu geben.
  • Innerhalb einer Woche soll das Konzept für das Online Training fertig sein. Auch wenn das Wochenend- und Nachtarbeit bedeutet.

Meine Empfehlungen

Kostenübersicht

Wenn Sie es bisher nicht getan haben, erstellen Sie jetzt eine Kostenübersicht. Was geben Sie im Monat im Privaten aus, wie hoch sind die monatlichen Kosten für das Geschäft? Rechnen Sie hoch, was das für Ihren Minimum Umsatz bedeutet.

Umsatz- und Liquiditätsplanung

Erstellen Sie eine Übersicht Ihrer aktuellen sowie kommenden Umsätze. Schätzen Sie so gut Sie können.

Passt das zum Minimum Umsatz? Erstellen Sie eine Liquiditätsplanung. Rechnen Sie Ihre Rücklagen mit ein. Wie lange könnten Sie durchhalten?

Wo können Sie sparen?

Prüfen Sie, wo Sie im Privaten wie im Geschäftlichen sparen können.

Mögliche Einsparpotenziale im Geschäftlichen:

Das ist schwierig. Denn der Geschäftsbetrieb sollte gewährleistet sein. Sparen Sie nicht in Bereichen, die Sie noch brauchen. Ich habe nicht wirklich etwas gefunden, was ich bei den „Bürokosten“ sofort einsparen könnte. Es gibt aber einige wenige Posten, die ich langfristig reduzieren könnte (zum Beispiel Softwareabos, die über ein Jahr laufen). Prüfen Sie, ob die staatlichen Angebote Ihnen helfen würden und ob/wie Sie Zugriff auf diese haben.

Ich habe übrigens nur eine Mitarbeiterin. Sie arbeitet als Minijobberin von zuhause aus. Sie wird von mir voll bezahlt, auch wenn ich nicht genug Aufgaben für sie habe oder sie wegen der Betreuung ihres Kindes nicht alles umsetzen kann.

Info und Antragsformular: Soforthilfe für Freiberufler und kleine Unternehmen in Bayern. (28.07.2022: Link nicht mehr aktiv.)

Mögliche Einsparpotenziale im Privaten:

Einkommensteuervorauszahlungen reduzieren. Krankenkassenbeitrag reduzieren. Muss das Netflix Abo sein? Kann der Beitrag im Fitnessstudio oder Sportverein ausgesetzt werden? Und so weiter.

PS: Das ist ein Prozess. Ich schätze, dass es bei mir 2-3 Wochen dauern wird, Sparmöglichkeiten zu ermitteln und umzusetzen.

Abschluss der ersten Woche

Der letzte Tag dieser Woche ist noch einmal besonders anstrengend. Den gesamten Vormittag verbringe ich damit, herauszufinden, ob wir ein Familienmitglied aus dem Urlaub zurückholen können. Je früher desto besser. Nach fast 2 Stunden in der Warteschlange der Hotline der Fluggesellschaft ist klar: Die sind überhaupt nicht vorbereitet. Immerhin wird gesagt, dass der geplante Rückflug am 17.03. stattfinden soll.

Den restlichen Tag kümmere ich mich um Projekte. Die weitere Krisenplanung lege ich beiseite. Nicht, weil ich Unangenehmes aufschieben will. Einfach deshalb, weil ich merke, dass ich jetzt auch etwas Zeit für mich brauche, die Gesamtsituation mental zu verarbeiten.